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ik der Gegenwart. Im ubrigen ist es eine Auffassung, die vom Staate
vor allem die gunstige Gestaltung des wirtschaftlichen Lebens des einzelnen erwartet, die mithin von
praktischen Gesichtspunkten aus und nach allgemein wirtschaftlichen Rentabilitatsanschauungen urteilt.
Die hauptsachlichsten Vertreter dieser Ansichten treffen wir in den Kreisen unseres normalen deutschen
Burgertums, besonders in denen unserer liberalen Demokratie.c) Die dritte Gruppe ist ziffernma.ig die
schwachste.
{428 Falsche Vorstellungen von "Germanisation"}
Es war in den letzten hundert Jahren ein wahrer Jammer, sehen zu mussen, wie in diesen Kreisen,
manchmal im besten Glauben, mit dem Worte "Germanisieren" gespielt wurde. Ich selbst erinnere mich
noch daran, wie in meiner Jugend gerade diese Bezeichnung zu ganz unglaublich falschen Vorstellungen
verleitete. Selbst in alldeutschen Kreisen konnte man damals die Meinung horen, da. dem
osterreichischen Deutschtum unter fordernder Mithilfe der Regierung sehr wohl eine Germanisation des
osterreichischen Slawentums gelingen konnte, wobei man sich nicht im geringsten daruber klar wurde,
da. Germanisation nur am Boden vorgenommen werden kann und niemals an Menschen. Denn was
man im allgemeinen unter diesem Wort verstand, war nur die erzwungene au.erliche Annahme der
deutschen Sprache. Es ist aber ein kaum fa.licher Denkfehler, zu glauben, da., sagen wir, aus einem
Neger oder einem Chinesen ein Germane wird, weil er Deutsch lernt und bereit ist, kunftighin die
deutsche Sprache zu sprechen und etwa einer deutschen politischen Partei seine Stimme zu geben. Da.
jede sol
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ur einen "deutschen" Staat und glaubte darauf auch bauen zu konnen. Man war der
Meinung, da. die Kraft auch hier nach den Millionen gemessen werden konnte, so wie etwa in
Deutschland selber, und verga. vollstandig, da. erstens: Osterreich schon langst aufgehort hatte, ein
deutsches Staatswesen zu sein; da. aber zweitens: die inneren Verhaltnisse dieses Reiches von Stunde
zu Stunde mehr der Auflosung entgegendrangten.
Ich hatte damals dieses Staatsgebilde besser gekannt als die sogenannte offizielle "Diplomatie", die
blind, wie fast immer, dem Verhangnis entgegentaumelte; denn die Stimmung des Volkes war immer
nur der Ausflu. dessen, was man von oben in die offentliche Meinung hineintrichterte. Von oben aber
trieb man mit dem "Bundesgenossen" einen Kult wie um das goldene Kalb. Man hoffte wohl, durch
Liebenswurdigkeit zu ersetzen, was an Aufrichtigkeit fehlte. Dabei nahm man immer Worte fur bare
Werte.
trieb man mit dem "Bundesgenossen" einen Kult wie um das goldene Kalb. Man hoffte wohl, durch
Liebenswurdigkeit zu ersetzen, was an Aufrichtigkeit fehlte. Dabei nahm man immer Worte fur bare
Werte.
{141 Deutschlands falsche Bundnispolitik}
es aus dem Schimmer des Nibelungen-Ideals in die praktische Wirklichkeit zu uberfuhren.
Wie hatte man sich doch einige Jahre spater aufgeregt, als in der endlich gekommenen Stunde, da die
Bundnisse sich bewahren sollten, Italien aus dem Dreibunde aussprang und die beiden Genossen ziehen
lie., ja zum Schlusse noch selber zum Feinde wurde! Da. man uberhaupt auch nur eine Minute an die
Moglichkeit eines solchen Wunders fruher zu glauben wagte, namlich an das Wunder, da. Italien mitOsterreich gemeinsam kampfen wurde, konnte jedem eben nicht mit diplomatischer Blindheit
Geschlagenen nur einfach unverstandlich sein. Allein die Dinge lagen ja in Osterreich selber um kein
Haar anders.
Trager des Bundnisgedankens waren in Osterreich nur die Habsburger und die Deutschen. Die
Habsburger aus Berechnung und Zwang, die Deutschen aus gutem Glauben und politischer —
Dummheit. Aus gutem Glauben, denn sie vermeinten, durch den Dreibund dem Deutschen Reiche selber
einen gro.en Dienst zu erweisen, es Starken und sichern zu helfen; aus politischer Dummheit aber, weil
nicht das erst Gemeinte zutraf, sondern im Gegenteil sie dadurch mithalfen, das Reich an einen
Staatskadaver zu ketten, der beide in den Abgrund rei.en mu.te, vor allem aber, weil sie ja selber nur
durch dieses Bundnis immer mehr der Entdeutschung anheimfielen. Denn indem die Habsburger durch
das Bundnis mit dem Reiche vor einer Einmengung von dieser Seite aus sicher sein zu konnen glaubten
und leider auch mit Recht sein konnten, vermochten sie ihre innere Politik der langsamen Verdrangung
des Deutschtums schon wesentlich leichter und risikoloser durchzufuhren. Nicht nur, da. man bei der
bekannten "Objektivitat" einen Einspruch von seiten der Reichsregierung gar nicht zu befurchten
brauchte, konnte man auch dem osterreichischen Deutschtum selber jederzeit mit dem Hinweis auf das
Bundnis den vorlauten Mund, der gegen eine etwa zu niedertrachtige Art der Slawisierung sich auftun
wollte, sofort zum Schweigen bringen.
Was sollte denn auch der Deutsche in Osterreich noch
{142 Deutschlands falsche Bundnispolitik}
tun, wenn doch das Deutschtum des Reiches selber der Habsburgerregierung Anerkennung und
Vertrauen aussprach? Sollte er Widerstand leisten, um dann in der ganzen deutschen Offentlichkeit als
Verrater am eigenen Volkstum gebrandmarkt zu werden? Er, der seit Jahrhunderten die unerhortesten
Opfer gerade fur sein Volkstum gebracht hatte?Was aber besa. dieses Bundnis fur einen Wert, wenn
erst das Deutschtum der Habsburgermonarchie ausgerottet worden ware? War nicht der Wert des
Dreibundes fur Deutschland geradezu abhangig von der Erhaltung der deutschen Vormachtstellung in
Osterreich? Oder glaubte man wirklich, auch mit einem slawischen Habsburgerreich noch in einem
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